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Raspberry Pi Zero für kreatives Computing zuhause

Viele Menschen haben im Lockdown für die Kinder Tablets (iPads, Android-Tablets) als Arbeitsgeräte angeschafft. Die reichen zwar für Videokonferenzen oder zum Hochladen von Fotos, mangels Tastatur und offenem Dateisystem sind sie aber für kreatives Computing oder Digital Making eher ungeeignet. 

Ich habe letztens ja Werbung für einen Raspberry Pi Zero als günstigstes Familienmitglied der Raspberry Pi-Familie gemacht. Für unter 30€ ermöglicht der kleine Raspberry Pi Zero auch vom Tablet aus alle Dinge zu tun, die man mit einem Computer gerne machen möchte. Hier möchte ich in Kurzform einen Überblick geben, was man eigentlich mit solch einem kleinen Computer anfangen kann.

Zu allererst: Das offizielle Handbuch zum Raspberry Pi in Deutsch könnt ihr kostenlos oder gegen einen kleinen Unkostenbeitrag herunterladen.

Hier das Wichtigste in Kürze:

Einrichtung

Der Raspberry Pi Zero wird normalerweise mit einer speziellen Linux-Variante (Wikipedia-Artikel dazu) als Betriebssystem betrieben. Natürlich kann man auf einem Zero das volle Raspberry Pi OS für Desktop laufen lassen und Bildschirm und Tastatur anschließen. Das macht aber keinen Spaß. Der kleine Rechner ist dafür doch einiges zu schwach. 

Ich habe auf meinem Raspberry Pi Zero die Variante Raspberry Pi OS Lite installiert. Die startet in der Befehlszeile. Ich habe auch gar keinen Monitor angeschlossen, sondern betreibe den Zero “headless” als USB Gadget. Wie das geht, ist im Blog von Andrew Mulholland beschrieben. In Kurzform:

  1. nach dem Schreiben der SD-Karte, noch im Rechner,  die Datei config.txt in der boot-Partition bearbeiten und die Zeile …
    dtoverlay=dwc2 
    … anfügen
  2. eine leere Datei namens “ssh” dort anlegen
  3. in der Datei cmdline.txtmodules-load=dwc2,g_ether” hinter “rootwait” (alles in einer Zeile) einfügen
  4. den Zero per USB-Kabel mit dem Rechner verbinden und per SSH oder Putty auf raspberrypi.local zugreifen (Nutzer pi, Kennwort raspberry)

Hat man einmal Zugriff auf die Befehlszeile des Zero, kann man auch das WLAN einrichten und den Zero einfach mit einem USB-Ladestecker irgendwo in der Wohnung betreiben. Dazu das Einrichtungsprogramm per “sudo raspi-config" aufrufen und die WLAN-Koordination unter “System Options / Wireless LAN” eingeben:

Ich habe hier auch den Zero in pigadget umbenannt, da ich mehrere Raspberry Pis im Netz habe.

UNIX-Befehlszeile kennenlernen

Diesen Punkt hätte ich fast vergessen, aber man muss sich natürlich auf der Befehlszeile (englisch: CLI = Command Line Interface) zurechtfinden, um den Zero headless nutzen zu können. Befehlszeilen bestehen immer aus einem Befehl (das erste Wort in der Zeile) und Argumenten. Erst nach Drücken der Eingabetaste wird der Befehl ausgeführt. Vorher kann man die Zeile noch mit den Pfeiltasten und der Entfernentaste bearbeiten. Hier ein paar wichtige Befehle für den Start:

  • sudo apt install mc - Programme installieren, z.B. Midnight Commander. Der Befehl mc hilft, sich im Dateilsystem zurechtzufinden und ist sogar mit der Maus bedienbar.

  • pwd, ls, mv, rm, cd, … - Die wichtigsten Befehle sind in der Wikipedia-Seite zu Unix-Kommandozeile zusammengefaßt. Einfach mal ausprobieren! Noch sind ja keine unwiederbringlichen Dateien auf dem Zero gespeichert.

Dateien bearbeiten

Viele der Arbeiten auf dem Zero (oder, eigentlich auf jedem Rechner) werden über das Bearbeiten von Dateien erledigt. Anders als auf Windows-Rechnern, wo oft mit Office-Dateien der Microsoft-Programme Word, Excel oder Powerpoint hantiert wird, begegnet man auf einem Linux-Rechner wie dem Raspberry Pi Zero meist Textdateien. Dafür braucht man einen Editor.

Midnight Commander hat einen Editor eingebaut. Der ist für schnelle Änderungen auch völlig OK. Ein anderer Editor, der auf dem Zero bereits installiert ist, ist nano. Möchte man etwas mehr Komfort, kann man den Editor Tilde nachinstallieren:

  • sudo apt install tilde

Tilde wäre toll, wenn auf meiner Mac-Tastatur die Pfeiltasten funktionieren würden. Das habe ich noch nicht hinbekommen. 

Python programmieren

Weil ich jetzt schon ein wenig mit meinem Zero herumgespielt habe, bin ich nicht ganz sicher, ob das aktuelle Python Version 3 schon vorinstalliert war oder ich es nachinstalliert habe. In jedem Fall kann man mit …

  • sudo apt install python3

… Python 3 installieren. Damit lassen sich dann die Beispiele auf der deutschen Seite mit Python-Projekten der Raspberry Pi Foundation durchspielen. Die Bücher von Al Sweigart liefern auch viel Stoff und lassen sich kostenlos online lesen, dort aber nur in Englisch. 

Eine Besonderheit der Raspberry Pi -Computer im Gegensatz zu gewöhnlichen Rechnern sind ihre Ein-/Ausgabe-Pins. Diese lassen sich von Python aus ebenfalls programmieren, um damit LED, Sensoren oder Motoren zu steuern. Hier ist eine Einführung in Physical Computing bei der Raspberry Pi Foundation. Da ist auch die Ampelschaltung wieder ;)

Mehr Ideen

Das ist natürlich längst nicht alles, was man mit dem Raspberry Pi Zero anstellen kann. Hier sind ein paar Ideen:

  • ein Wiki als Familienlexikon oder als Datenbank für ein Hobby betreiben
  • ein MUD oder MOO für gemeinsame Textadventure installieren
  • den Zero mit Hardware-Erweiterungen (sogenannten HATs) in eine Spotify Jukebox, eine Wetterstation oder eine Vogelkamera verwandeln
Gestartet von Dr. Olav Schettler in Kreatives Coding in Bonn 28. Februar 2021 10:29