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Zweitrechner für den Schulunterricht zuhause



In einem anderen Beitrag habe ich das Setup meiner 11-jährigen Tochter für den Schulunterricht zuhause beschrieben. Weil das heute Morgen bei einem Gespräch mit einer Mutter aus ihrer Klasse Thema war, möchte ich hier noch einmal ein wenig detaillierter darauf eingehen.

Eltern, die gerade selber zuhause arbeiten, haben vielleicht ein ähnliches Problem, dass sie für die Sprösslinge einen zweiten Rechner einrichten möchten. Woher aber nehmen?

Eine Möglichkeit ist das Reaktivieren eines alten Rechners oder Laptops. Das ist gar nicht so schwer. Nun ist die alte Maschine ja nicht ohne Grund ausgemustert worden. Wahrscheinlich lief sie mit Windows 7 oder einem noch älteren System und war mit der Zeit unerträglich langsam geworden. Für die älteren Systeme gibt es vom Hersteller Microsoft auch keine Sicherheits-Updates mehr. Das ist bei Windows besonders heikel, weil gerade für solch ältere Maschinen viel Schad-Software im Umlauf ist.

Den wenigsten Nutzern ist wahrscheinlich bewußt, dass es zu Windows eine einfache, sichere und kostenlose Alternative gibt: Linux. Dieses freie (wie Freibier und Freiheit) Betriebssystem gibt es in vielen, leicht zu installierenden Varianten. Das Tolle daran: Linux ist viel anspruchsloser als Windows und kann so einem älteren Rechner noch einmal frisches Leben einhauchen.

Vielleicht habt ihr ja noch solch einen älteren Rechner zuhause. Wollt ihr euch einen gebrauchten Rechner kaufen, so kann ich nur allgemeine Tipps geben: 

  • Die Größe der Festplatteist fast egal. Hier reicht alles ab 80GByte. Viel schneller als Festplatten sind SSDs. Eine SSD (Solid State Disk, also Festplatte-auf-einem-Chip) lohnt immer.
  • Viel wichtiger ist die Größe des Hauptspeichers. Hier würde ich mindestens 4GByte nehmen. Der kleine Netbook (das war vor 10 Jahren, vor dem Aufkommen von Tablets, die kleinste Rechnerklasse) oben auf dem Bild hat 2GByte. Der funktioniert, aber das Starten von Programmen dauert manchmal schon sehr lange.

Bei eBay kann man z.B. einen Lenovo Thinkpad T430s (Info-Wiki) mit 128GByte SSD und 4GByte Hauptspeicher für um die 150€ bekommen.

Ich habe praktische Erfahrung mit zwei Linux-Varianten, die ich beide auch empfehlen kann: ElementaryOS und der Pixel-Desktop der Raspberry Pi Foundation.

ElementaryOS ist ein vollwertiger, hübscher und produktiver Ersatz für Windows oder macOS. Ihr könnt es von den Seiten des Projektes https://elementary.io/ kostenlos oder gegen eine kleine Spende herunterladen. Die 1,5GByte große Datei enthält das gesamte Betriebsystem. Um es auszuprobieren oder zu installieren, benötigt ihr einen mindestens 2GByte großen USB Stick und das ebenfalls kostenlose Programm https://www.balena.io/etcher/ .

Installiert Etcher und benutzt es, um die ISO-Datei mit dem ElementaryOS auf den Speicher-Stick zu schreiben. Das dauern ein paar Minuten. Startet mit dem Stick den Rechner, auf dem ihr ElementaryOS ausprobieren wollt. Keine Sorge, ihr könnt es zunächst ausprobieren, ohne irgend etwas auf dem Rechner zu löschen. Wenn der Rechner nicht vom USB-Stick startet, müsst ihr evtl. im BIOS (das sind die Hardware-Einstellungen des Rechners) das Starten vom USB-Stick erlauben und die Boot-Reihenfolge so einstellen, dass der USB-Stick vor der eingebauten Festplatte des Rechners probiert wird.

Hat das geklappt und ist der Rechner mit ElementaryOS gestartet, werdet ihr mit einem Schreibtisch wie dem auf dem Foto oben begrüßt. Mac-Nutzer werden sich sofort zurechtfinden. Windows-Nutzer gwöhnen sich sicher schnell daran, dass sich die die Programme oben links befinden. Funktioniert alles, vor allem das WLAN, könnt ihr ElementaryOS auf der Festplatte installieren. Dazu gibt es die Möglichkeit, ElementaryOS neben dem vorhandenen (Windows-)System zu installieren oder es die ganze Platte übernehmen zu lassen. In jedem Fall solltet ihr vorher checken, ob sich dort noch unwiederbringbare Dateien befinden. Die werden zumindest bei der Installation auf der gesamten Platte gelöscht.

Nach hoffentlich erfolgreicher Installation könnt ihr über den eingebauten App Store viele nützliche und meist kostenlose Programme installieren. Zu meinen Standardprogrammen gehören immer

  • der Firefox-Browser
  • Das LibreOffice-Paket als vollwertiger Ersatz für die Microsoft-Programme. LibreOffice ist toll. Es liest und schreibt die Dateien von Microsoft Word und Powerpoint, die Oberflöche ist übersichtlicher als die der Microsoft-Programme und natürlich deutsch. Ich habe mal ein Buchprojekt damit umgesetzt. Es gibt eigentlich überhaupt keinen Grund, Microsoft Office zu nutzen. 
  • weitere Programme wie z.B. die sehr gute Aufgabenverwaltung Planner

Wenn ihr Schwierigkeiten bei der Installation habt, können wir gerne eine kleine Video-Session verabreden. Schreibt mir einfach eine Nachricht.

Die zweite Linux-Variante, die ich hier kurz vorstellen möchte, ist der Raspberry Pi Desktop der Raspberry Pi Foundation. Dieses Betriebssystem läuft auf noch älteren Rechnern, wie z.B. dem Macbook von 2008, auf dem meine Tochter jetzt arbeitet. Ihr könnt dieses System kostenlos unter https://www.raspberrypi.org/downloads/raspberry-pi-desktop/ herunterladen. Die Installation läuft genau wie bei ElementaryOS.

Auch hierbei helfe ich gerne. Schreibt mir eine Nachricht über das Kontaktformular. Raspberry Pis sind übrigens diesen kleinen Rechner, die speziell für die Ausbildung entwickelt wurden. Das neueste Modell 4 kam Anfang des Jahres heraus und taugt in seiner 4GByte-Version durchaus auch als Schülerrechner. Hier findet ihr Quellen dazu in Deutschland. Ich habe einen und er läuft sehr gut.

Der Raspberry Pi wurde übrigens speziell für die digitale Bildung entwickelt. Auf der Website der Foundation finden sich viele Projekte, für die man oft nicht einmal einen Pi braucht.

Ich hoffe, dieser kleine Artikel hilft euch, den Schultag zuhause zu gestalten. Meldet euch bei Problemen oder teilt euere Erfahrungen in den Kommentaren.

Gestartet von Dr. Olav Schettler in Kreatives Coding in Bonn 22. März 2020 17:05